Aufstand der Fürsorgenden

Die Sorge um Arme, Kranke, Alte und Kinder trägt uns derzeit durch die Pandemie, wie kaum eine andere Tätigkeit. Doch jene, die sie zum Wohle aller leisten, werden mehr dafür bestraft, als belohnt. Dabei sind die Missstände in den Bereichen der Sorgearbeit seit Jahren eklatant. Es reicht! Höchste Zeit, Kräfte zu bündeln, Kämpfe zu verbinden und mit einer breiten Allianz aus Care-Arbeitenden für bessere Bedingungen zu sorgen.

Stelle dir vor, ein Wohnhaus steht lichterloh in Flammen. Sofort alarmieren die Bewohner die Feuerwehr. Als sie eintrifft, haben es einige Menschen, darunter Kinder und Ältere, noch nicht von selbst aus dem brennenden Gebäude geschafft. Unter Einsatz ihres Lebens, retten die Feuerwehrleute die Vermissten aus dem Inferno und bringen sie in Sicherheit. Die durch die Sirenen der Einsatzfahrzeuge aufmerksam gewordenen Nachbarn, versammeln sich neugierig vor dem Szenario. Sie sind erleichtert und dankbar, als sie sehen, dass Menschen gerettet wurden. Einige jubeln und klatschen sogar. Inzwischen hat sich das Feuer bis ins oberste Stockwerk ausgebreitet. Aus allen Fenstern schlagen die Flammen und der Rauch breitet eine riesige dunkle Wolke über der Stadt aus. So einen Brand haben die Menschen noch nie erlebt. Obwohl die Feuerwehr alles tut, was in ihrer Macht steht, schaffen sie es nicht, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Ihnen fehlt es an Erfahrung, Ausrüstung, Löschwasser und vor allem an Einsatzkräften.  Allmählich kippt auch die Stimmung unter den Zuschauern. Einige beginnen daran zu zweifeln, ob man ein Feuer überhaupt löschen könne. Vielleicht sollte man es einfach brennen lassen, bis es von selbst erlischt. Andere beten, dass es regnen möge. Doch jetzt könnte das Feuer jeden Moment auf die Nachbarhäuser überspringen und die Leute werden zunehmend unruhig. Plötzlich fängt eine Gruppe an, die Feuerwehrleute anzupöbeln. Sie sollten sich nicht so anstellen und näher an das Feuer heran treten, um es besser löschen zu können. Schließlich haben sie sich ihren Job ja selbst ausgesucht. Einige von ihnen werfen ihnen Faulheit vor, während sie den zunehmend erschöpften Einsatzkräften vor der Nase herum laufen und ihnen den Weg versperren. Andere, deren Häuser noch in einiger Entfernung stehen, stehen stumm da und zucken mit den Achseln. Insgeheim sind sie froh, dass sie nicht zur Feuerwehr gehören. Schließlich kommt auch der Oberbrandmeister dazu und erkennt sofort die aussichtlose Lage. Doch da sie aus Kostengründen die einzige Feuerwehr im Umkreis sind, kann er keine Unterstützung anfordern. Einfach aufgeben wäre aber ethisch nicht vertretbar und unverantwortlich. Also versucht er, seine verzweifelte Mannschaft zum Durchhalten zu motivieren. Die, die nicht mehr können und vor Erschöpfung umkippen, werden für Unfähig erklärt und einfach liegen gelassen. Einige besonders eifrige stolpern und fallen den Flammen zum Opfer. Fast alle haben bereits eine Rauchvergiftung. Ein paar von ihnen, beginnen sich zu wehren und machen auf ihre Situation aufmerksam. Sie bitten auch die Umstehenden um Hilfe. Aber man droht ihnen nur, sie von der Feuerwehr auszuschließen, sollten sie nicht weiter arbeiten. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als weiter zu machen. Alle anderen, die nicht zur Feuerwehr gehören, stehen nur da und schauen zu. Sie haben zwar Angst um ihre schönen Häuser und irgendwie tun ihnen die Leute im Einsatz auch Leid, aber was sollen sie schon tun? Es ist ja nicht ihre Aufgabe, einen Brand zu löschen, sondern das der Feuerwehr. Dabei hat jedes Nachbarhaus einen Gartenschlauch im Vorgarten, einige hätten große Wasserkanister, sie hätten Essen und Trinken für die erschöpften Einsatzkräfte, sie hätten Decken für die Verletzten, sie hätten Kraft, sich abzuwechseln, sie könnten der Feuerwehr zumindest aus dem Weg gehen oder ihnen gut zureden. Doch stattdessen schauen sie genervt, wütend und hilflos zu. Sie schauen auch dann noch zu, als das Feuer am Ende auch ihre Häuser zerstört. Findest du diesen Vergleich übertrieben? Leider ist er das nicht.

PflegerInnen aufwerten

Seit 2013 liegt die Pflegebranche in Deutschland sprichwörtlich am Boden. Mit der Aktion „Pflege am Boden“ machen Menschen aus verschiedenen Pflegeberufen seitdem regelmäßig auf die Missstände in der Pflege aufmerksam, die seit Jahrzehnten bekannt sind und immer größer werden. Bis heute fehlen in Pflegeheimen 120 000 Stellen. Sie werden entweder nicht besetzt oder gar nicht erst geschaffen. In Krankenhäusern ist der Personalmangel ähnlich dramatisch. Die Arbeitsbedingungen sind schlecht, die Belastung hoch und die Vergütung vergleichsweise niedrig. Auf keine der Probleme hat die Politik bisher angemessen reagiert. Zuletzt wollte sie es billigen Arbeitskräften aus dem Ausland erleichtern, den hiesigen Fachkräftemangel zu reduzieren. Damit erreicht sie jedoch das Gegenteil von Aufwertung der Pflegeberufe. Ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Während der Corona-Krise zeigt sich zudem die Tücke einer solch „billigen“ Strategie. Im Frühjahr 2020 wurden die Grenzen geschlossen, osteuropäische PflegerInnen blieben fern und die Anwerbung ausländischer Fachkräfte geriet ins Stocken. Nebenbei belastet Corona Pflegende und Gepflegte natürlich zusätzlich. Die Pandemie wirkt als Brandbeschleuniger für die Probleme in Altenheimen und Krankenhäusern und hat den Notstand noch verschärft. Besonders tragisch ist dabei, dass genau das die Orte sind, an denen die Pandemie am wirksamsten bekämpft werden könnte. Nicht nur, weil in Krankenhäusern die Patienten versorgt werden, sondern auch, weil in Altenheimen die Menschen leben, die häufig zu Patienten werden. Doch die Versäumnisse der Politik führen dazu, dass genau dort das Personal fehlt, um den Schutz zu gewährleisten. Stattdessen infizieren sich besonders viele Menschen mit dem Virus und sterben schließlich daran. Es geht hier also nicht nur um eine angemessene Bezahlung und Verbesserung des Pflegeberufs. Sondern darum, die Bedingungen an vorderster Front der Pandemiebekämpfung so zu verbessern, dass wir das Virus dauerhaft und nachhaltig eindämmen können. Aber der politische Wille scheint zu fehlen, im Gegenteil. Viele von jenen, die zu Anfang der Pandemie noch beklatscht und als Helden gefeiert wurden, werden nun um ihre Prämie gebracht. Selbst um eine schnelle Impfung müssen sie noch kämpfen. Von gesellschaftlicher Anerkennung und Aufwertung ihrer Arbeit noch immer keine Spur.

ErzieherInnen schützen

Nicht nur die Pflege von Kranken und Alten läuft seit Jahrzehnten im Notbetrieb, sondern auch die Erziehung und Bildung von Kindern. Für viele Einrichtungen und Familien ist der Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe eine schmerzhafte, aber alltägliche Erfahrung. Während der Bedarf an Erzieherinnen seit dem Ausbau von Kindertagesstätten stetig gestiegen ist, entscheiden sich immer weniger dafür, den Beruf auch auszuüben. Derzeit dauert es im Schnitt 100 Tage, bis eine Stelle besetzt werden kann. Derzeit fehlen über 100.000 Fachkräfte in der in den Kitas.  Der Bedarf an pädagogischem Personal wird in den nächsten Jahren noch einmal dramatisch ansteigen. Der massive Personalmangel führt schließlich zu mehr Belastungen für Angestellte und geringerer Qualität der Betreuung. Noch 2018 kündigte Familienministerin Giffey an

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, den Erzieherberuf attraktiver machen zu wollen und versprach 300 Millionen Euro. Schon im Herbst 2020 war es plötzlich mit der Förderung vorbei. Aus der großangekündigten Fachkräfteoffensive wurde ein Fachkräftelüftchen, das gerade noch in die Kategorie „Symbolpolitik“ fällt. Ausbaden müssen es am Ende die Familien, die überhaupt froh sein können, wenn sie einen der begehrten Betreuungsplätze erhalten. Das, obwohl sie eigentlich einen Anspruch darauf haben. Und weil nun auch während Corona der Druck auf Eltern lastet, ihre Kinder wegen Berufstätigkeit in Betreuung geben zu müssen, sollen die wenigen Erzieherinnen, die wir haben, einer gefährlichen Krankheit ausgesetzt werden. Laut einer Auswertung der AOK haben Menschen aus der Kinder- und Jugendarbeit ähnlich viele Krankschreibungen aufgrund einer Covid Erkrankung, wie jene aus Medizin und Pflege. Jüngst machten Ausbrüche mit der Corona-Mutante in mehreren Kindertagesstätten in ganz Deutschland Schlagzeilen. Unter diesen Bedingungen sind weitreichende Öffnungen von Betreuungseinrichtungen vor allem für das Personal ein Risiko. Eine Petition fordert daher ein sofortiges Impfangebot für ErzieherInnen. Außerdem müssen Gruppen kleiner und möglichst nach draußen verlegt werden. Denn gute und gesunde Erzieherinnen sind im wahrsten Sinne unersetzlich.

LehrerInnen schulen

Auch Bildungseinrichtungen sind ein Teil öffentlicher Fürsorge. Zudem erfüllen Schulen im Ganztagsbetrieb inzwischen zunehmend die Funktion der Erziehung und Betreuung und nehmen eine immer größeren Raum im Leben der Kinder ein. So ist Schule inzwischen zu einem Ort geworden

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, an dem Kinder und Jugendliche auch ihre Nachmittage verbringen und ihren Hobbys und Interessen nachgehen. Trotz dieser massiven raum-zeitlichen Ausweitung der Bedeutung von Schule, hat sie sich in ihrer inneren Struktur kaum verändert. Unsere Kinder lernen praktisch noch genauso wie unsere Großeltern in der Schule, ohne dass sich Form und Inhalt des Unterrichts nennenswert verändert hätten. Inzwischen ist jedoch das Verständnis von Schule mit starren und hierarchischen Unterrichtsstrukturen einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Und auch das gewandelte Verständnis vom Kind, ist bei den meisten Schulen noch immer nicht angekommen. Es herrscht häufig noch die Ansicht, das Kind sei für die Schule da und nicht umgekehrt. Das Totalversagen der Kultusminister während der Corona-Krise, für ein funktionierendes und einheitliches Konzept zu sorgen, das vernünftigen Unterricht auch unter Lockdown-Bedingungen erlaubt, ist ja nur die Spitze einer Bildungspolitik, die seit Jahrzehnten im Stillstand verharrt. Bis heute liegt die Priorität von Bildungsarbeit auf dem „Eintrichtern“ des Lernstoffs, in der Hoffnung, es möge unten nicht alles wieder heraus fallen. Dabei ist seit langem bekannt, dass der Erfolg des Lernens maßgeblich von der Beziehung abhängt, die der Lernende zum Lehrenden besitzt. Doch gerade diese Beziehung leidet meist unter dem klassischen Verständnis von Schule. Dass es auch anders geht, zeigen beispielsweise viele Reformschulen. Einer der Hauptunterschiede liegt in einem gleichwertigeren Verhältnis von SchülerIn und LehrerIn. Kein Wunder, dass sie auch im Homeschooling-Modus eine bessere Figur machen, als Schulen mit konventionellen Unterrichtsmethoden. Dazu gehören auch engagierte Lehrkräfte, denen es Spaß macht, Kindern etwas beizubringen. Die demokratisch-partizipative Kompetenzen und Medienkompetenzen ebenso besitzen, wie Fachkompetenzen. Nur leider sind sie die Ausnahme. Bis vor kurzem verfügte ein Großteil des Lehrpersonals in Deutschland noch nicht einmal über eine dienstliche E-Mail Adresse. Dass unter diesen Voraussetzungen Homeschooling scheitert, ist kein Grund, es zu verurteilen und um jeden Preis zu vermeiden. Vielmehr sollte es Anlass sein, die Bedingungen so zu gestalten, dass Homeschooling als Ergänzung zum Präsenzunterricht funktioniert. Daher ist es wichtig, dass sich jetzt alle Schulen an denen orientieren, die weniger Schwierigkeiten mit den Veränderungen haben. Aus dieser Sicht, könnte die Pandemie unserem Bildungssystem endlich den Anstoß zur Modernisierung geben, den es so dringend braucht. Die Zeichen stehen jedenfalls auf Wende: Kürzlich forderte der Präsident des Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, eine radikale Reform der Kultusministerkonferenz. Auch Elternverbände fordern in einem offenen Brief an die Kanzlerin, sich für eine Entmachtung der Kultusminister einzusetzen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) spricht sich zudem für eine bessere Finanzierung von Schulen und Kitas aus.

Eltern stärken

Im Moment bleiben allerdings in den meisten Fällen die Aufgaben von geschlossenen Betreuungs- und Bildungseinrichtungen vollständig bei den Eltern hängen, während sie gleichzeitig ihren Lebensunterhalt weiter verdienen müssen. Ein unmöglicher Zustand und große Belastungsprobe für Familien. Vor allem Mütter tragen jetzt große Lasten der Corona-Pandemie auf ihren Schultern. Sie übernehmen nicht nur die Betreuung und Beschulung ihrer Kinder, sondern arbeiten auch öfter in systemrelevanten Berufen. Damit sind sie einer Doppelt- und Dreifachbelastung ausgesetzt, die viele an den Rand der Erschöpfung treiben. Gleichzeitig müssen sie mit Lohneinbußen fertig werden und schließlich um ihren Arbeitsplatz bangen. Da kann man es ihnen kaum verübeln, dass einige schnelle Öffnungen der Bildungsstätten fordern. Doch das Problem der fehlenden Vereinbarkeit von Familie und Beruf bestand bereits vor Corona und wird auch durch offene Betreuungseinrichtungen nicht wirklich gelöst. Deshalb haben sich jetzt Eltern zur Initiative #proparents zusammengeschlossen, um der Diskriminierung am Arbeitsplatz den Kampf anzusagen. Ziel ist die Aufnahme des Merkmals „Elternschaft“ in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Dabei geht es darum, Eltern, unabhängig von Geschlecht und Familienstand, vor Benachteiligung am Arbeitsplatz zu schützen. Aber in der Initiative geht es nicht nur darum, Diskriminierung am Arbeitsmarkt zu verhindern, sondern um eine allgemeine gesellschaftliche Anerkennung privater Fürsorgearbeit, die notwendigerweise von jemandem gemacht werden muss. Es kann nicht sein, dass wir insbesondere Mütter mit Lohnnachteilen und Altersarmut bestrafen, weil sie sich um unsere Kinder kümmern. Und ich spreche bewusst von „unseren“ Kindern, denn jedes von ihnen ist Teil unserer Gesellschaft und damit ist auch dessen Wohlergehen Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Ihnen kann es aber nur gut gehen, wenn es mindestens ein Elternteil hat, das für sie sorgt. Meistens sind das die Mütter. Wie viel besser, würden Kinder insgesamt durch diese Pandemie kommen, würden wir endlich auch jenen helfen, die sich um sie kümmern. Damit meine ich nicht die üblichen Durchhalteparolen oder Almosen der Politik, denn mit ihnen ist niemandem geholfen. Ich meine ein Netz aus Unterstützungsmaßnahmen, um den Druck aus den Familien zu nehmen und eine angemessene Anerkennung und Aufwertung ihrer Leistungen.

Mehr Care!

Private und öffentliche Fürsorgearbeit hat selbstverständlich noch viel mehr Gesichter, als die bisher angesprochenen. Beispielsweise die häusliche Pflege von Angehörigen, die Geburtshilfe, Sozialarbeit, Behindertenhilfe, Reinigungskräfte, all die ehrenamtlich Tätigen, die sich in Vereinen, Organisationen und Beratungsstellen engagieren und mehr. Jüngst machte Dr. Uta Meier-Gräwe in einem lesenswerten Artikel deutlich, dass der Care-Sektor zu der am stärksten wachsenden Branche in Deutschland gehört. Laut einem aktuellen Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), verzeichnet der Wirtschaftsbereich „Öffentlicher Dienst, Gesundheit und Erziehung“ im letzten Jahr mit 192.000 Beschäftigten im Vergleich aller Wirtschaftssektoren den zahlenmäßig höchsten Zugewinn. Das ist auch der Pandemie geschuldet, durch die weitere 62.000 Jobs dazu gekommen sind. Haushaltsnahe Dienstleistungen sowie unbezahlte Fürsorgearbeit sind dort noch nicht einmal mitgerechnet. Gleichzeitig und in ähnlichem Umfang gehen Arbeitsplätze in der Industrie und den eng mit ihr verbundenen Unternehmensdienstleistungen zurück. Ein Trend, der sich auch durch die Digitalisierung und den mit ihr verbundenen strukturellen Umwälzungen fortsetzen wird. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) prognostiziert für das Jahr 2040 rund 7 Millionen Erwerbstätige im Gesundheits- und Sozialwesen, der damit zum größten Arbeitsmarktsektor würde. Ungeachtet des Gewichts und der Wichtigkeit von guter Care-Arbeit, gerade auch im Hinblick auf die Pandemie, pumpt der Staat derzeit Milliarden an Steuergeld in die Industrie statt in die Fürsorge. Erwerbstätige, die an Maschinen arbeiten, stehen nach wie vor besser und sicherer da, als jene, die Menschen betreuen. Diese Geringschätzung zeigt, dass die Politik das Wort „Systemrelevanz“ nicht begriffen hat, die daran noch immer zugunsten anderer Bereiche spart. Was passiert aber mit einer Gesellschaft, die den konkreten Wert des Wohlergehens des Menschen geringer schätzt, als den abstrakten Wert von Aktienkursen? Ihre Ökonomie verliert den Bezug zur Realität und dient immer weniger den Bedürfnissen des Menschen selbst. Schließlich führt genau das auch in die Klimakatastrophe. Denn wer sich um den Menschen kümmert, muss sich auch um dessen Umwelt kümmern, die seine Lebensgrundlage bildet. In einer grundsätzlichen Neu- und Aufwertung gesellschaftlicher Fürsorgearbeit steckt daher auch ein Teil der Lösung der Klimakrise und damit der größten Herausforderung der Menschheit.

Zusammen denken, gemeinsam handeln

Es muss in unser aller Interesse liegen, die Bedingungen, unter denen Fürsorge in diesem Land geleistet wird, zu verbessern. Konkret bedeutet das, jede Arbeit, die dem Wohlergehen des Menschen dient, ob bezahlt oder unbezahlt, ob öffentlich oder privat, Priorität einzuräumen und ideell sowie finanziell aufzuwerten. Das heißt, dass wir uns nicht mehr mit Lippenbekenntnissen der Politik zufrieden geben dürfen, sondern konkrete Forderungen formulieren und mit Nachdruck einfordern müssen. Die Sorge um den Menschen muss neben der Sorge um unsere Umwelt ganz oben auf der politischen Agenda stehen, denn sie gehören zusammen. Was dazu aber noch fehlt, ist eine gemeinsame Strategie. Ein breites Bündnis aus Care-Arbeitenden aller Bereiche, die ihre Kämpfe zusammen denken und auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Es fehlt eine solidarische Allianz aus Eltern, SozialpädagogInnen, LeherInnen, Kranken- und AltenpflegerInnen und anderen ArbeiterInnen, die täglich und unmittelbar für das Wohlergehen der Bevölkerung sorgen. Es fehlt ein gemeinsames Bewusstsein, dass wir alle im selben Boot hängen. Das zeigt sich nicht nur an den hundert Einzelkämpfen, die wir täglich führen, sondern auch im Gegeneinander untereinander. Nicht nur zwischen den einzelnen Bereichen der Fürsorgearbeit, sondern auch innerhalb dieser Bereiche. Doch auf diese Weise verlieren wir Unmengen an Energie für einen Kampf, den wir so nicht gewinnen können. Es braucht vielmehr ein Bewusstsein davon, dass die Care-Krise genauso reell und unmittelbar ist, wie die Klimakrise. Nur mit einer wirklich umfassendend gesellschaftlichen Aufwertung aller Arten der Fürsorgearbeit haben wir die Chance, unser Leben dauerhaft zu verbessern ohne uns in Grabenkämpfen zu verlieren. Dabei geht es nicht nur um eine Verbesserung der Rahmenbedingungen von Fürsorge insgesamt, sondern vielmehr darum, den Menschen und seine Grundbedürfnisse wieder in den Mittelpunkt unserer Ökonomie zu rücken. Eine Ökonomie, die das Bruttoinlandsprodukt nicht nur durch Waren und Geld ausdrückt, sondern auch Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen berücksichtigt. Es braucht also ein gut vernetztes Think-Thank aus Wissenschaft, Ökonomie, Politik, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft, die die Lösung der Care-Frage zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe mit höchster Priorität macht. Initiativen wie „Care.Macht.Mehr“ oder der „EqualCareDay“ liefern uns mit ihren Grundsatzprogrammen bereits eine theoretsiche Ausgangsbasis und könnten als Aktionsplattformen dienen. Ein solches Bündnis kann es schaffen, Fürsorge auch während der Bundestagswahl zu einem zentralen Thema zu machen. Es kann doch nicht sein, dass wir ausgerechnet jene im Stich lassen, die uns während der Pandemie den Rücken frei halten und damit zum Wohle aller beitragen, während wir Branchen mit Milliarden subventionieren, die keine Zukunft haben. Wollen wir verhindern, dass auch unser Haus bald in Flammen steht, müssen wir uns gegenseitig unter die Arme greifen und uns vor allem mit den Menschen solidarisieren, die derzeit die größten Belastungen tragen. Das sind vor allem Frauen und Mütter. Es ist also auch ein zentrales feministisches Anliegen, Fürsorge gerecht zu verteilen und politisch angemessen zu berücksichtigen. Schließlich muss das Ziel sein, dass jedes politische Handeln stets von der Erkenntnis getragen wird, dass gute Care-Arbeit nicht nur eine ethische Frage, sondern vielmehr existenzielle Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft ist.

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