Hypnobirthing und Hausgeburten sind auf Dauer nicht die Lösung

Ein Gastbeitrag von Katharina Tolle

In Ihrem Gastbeitrag plädiert Katharina für eine feministische Geburtskultur, in der die Würde der schwangeren und gebärenden Frau im Mittelpunkt steht. Dazu sei ein grundlegender Systemwandel in der Geburtshilfe notwendig. Ihr neuestes Buch heißt „Manifest für eine selbstbestimmte Geburtserfahrung.“

 

„Juhu. Ich bin schwanger. Scheiße. Ich will nicht ins Krankenhaus.“

So ungefähr ging es mir, als ich den Test mit den zwei Linien erstmals in der Hand hielt. Das war 2014, noch vor Corona, und ich empfand die Wartezeit zwischen Pinkeln und Ergebnis sehr lang…

Neun Jahre später habe ich drei Kinder an der Hand und eines im Herzen. Alle Kinder sollten zu Hause geboren werden. Unseren Erstgeborenen brachte ich dann doch im Krankenhaus zur Welt. Zu den anderen Geburten blieb ich zu Hause.

Auf alle Geburten bereitete ich mich mit Hypnobirthing vor. Unsere Hebamme war immer mit dabei. Dieselbe Hebamme, bei allen Geburten und auch bei meiner Fehlgeburt – was für ein Luxus heutzutage!

Die Geburten verliefen so, wie ich sie mir erwünscht habe – auch dank meiner persönlichen Entscheidungen. Viele Frauen, denen es so oder ähnlich gegangen ist, betonen diese Eigenverantwortung: Wenn du vorher Wissen sammelst, dich informierst, dich bewusst für einen Geburtsort entscheidest, einen Geburtsplan erstellst und dich mit Entspannung, Yoga, Meditation oder Hypnobirthing auf die Geburt vorbereitest, wirst du sie so erleben, wie du es gerne möchtest.

Aus meiner Sicht ist das aber nur die halbe Wahrheit.

Ja, als Schwangere sind wir verantwortlich dafür

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, Entscheidungen zu treffen. Und ja, viel zu häufig lautet die Entscheidung „das überlasse ich dem Fachpersonal“.

„Nicht jede Person hat gleich gute Möglichkeiten, diese Eigenverantwortung zu leben.“

Eigenverantwortung ist sinnvoll, richtig und wichtig. Sie unterschlägt allerdings einen immensen Faktor: Nicht jede Person hat gleich gute Möglichkeiten, diese Eigenverantwortung zu leben. Ob es nun an der Gesundheit, an den persönlichen Lebensumständen, am Geld oder an was auch immer liegt: Unsere Startbedingungen sind unterschiedlich. Meine Kinder wissen sehr genau, dass zur Geburt nicht unbedingt ein Krankenhaus nötig ist. Viele andere Kinder wachsen allerdings mit dem Bild auf, dass Schwangere zur Geburt mit Bauch ins Krankenhaus gehen und ohne Bauch, dafür mit Baby, wieder herauskommen. Ob das Baby „geholt wird“ oder „geboren wird“, ist nicht immer klar.

Die meisten Menschen erzählen ihren Kindern also jahrelang: Geburt findet im Krankenhaus statt. Das medizinische Personal gibt den Eltern das Baby in die Hand.

Wer solch eine Prägung erhält und dann auf einmal eigenverantwortlich Entscheidungen rund um die Geburt treffen soll, hat ein Problem. Es ist großer Mist, Kindern erst jahrelang zu erzählen, Geburt läge außerhalb ihres Einflussbereichs, und dann von ihnen zu erwarten, dass sie selbstbestimmt ihren Nachwuchs zur Welt bringen.

Hypnobirthing und Hausgeburten können gute Wege sein, das persönliche Geburtserlebnis zu verbessern. Sie können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Fehler im System liegt. Denn nicht für alle Schwangeren ist Hypnobirthing der richtige Weg. Und nicht für alle kommt eine Hausgeburt infrage. Viele möchten lieber in ein Krankenhaus gehen, um dort alle medizinischen Möglichkeiten zu haben.

Bisher geben sie damit oft ihre Selbstbestimmung an der Kliniktür ab. Und genau da müssen wir ansetzen. Systemisch muss klar sein, dass unabhängig vom Geburtsort die Würde der Gebärenden an erster Stelle steht. Bisher stehen Fragen von Geld, Versicherung, Schadensersatz, Zeit und Versorgungsmöglichkeiten dem entgegen. Dazu kommt die Selbstverständlichkeit (sowohl beim medizinischen Personal als auch bei den Gebärenden), mit der ein Machtgefälle akzeptiert wird.

Macht ist an sich nichts Schlechtes. Zum Problem wird sie, wenn durch das Machtgefälle grundlegende Menschenrechte verletzt werden.

„Die Würde des Menschen ist auch unter der Geburt unantastbar.“

Die Würde des Menschen ist auch unter der Geburt unantastbar. Um das sicherzustellen, sind allerdings Veränderungen nötig, die nicht allein mit guter individueller Geburtsvorbereitung zu stemmen sind. Vielmehr sind sie eine feministische Aufgabe. Denn die Geburtskultur in unserer westlichen Welt hat sich in einer Zeit des Patriarchats entwickelt und ist somit stark von der Ansicht geprägt, dass Weiblichkeit eine Schwäche, eine Abweichung von der Norm, sei.

Unsere Aufgabe als Feminist*innen ist es, diese Strukturen aufzudecken und zu alles verändern, was begünstigt, dass die Würde der Gebärenden unter der Geburt in den Hintergrund rückt.

Problematisch am Thema Geburten und Feminismus ist aus meiner Sicht, dass sich in der Diskussion häufig zwei Fronten gegenüberstehen: Auf der einen Seite stehen diejenigen, die eine „natürliche Geburt“ propagieren, wobei „natürlich“ meist bedeutet, dass möglichst wenig eingegriffen werden soll. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die gerne Geburten so schmerzarm wie möglich machen wollen und deshalb für starke Schmerzmittel oder sogar Kaiserschnitte als Standardgeburt plädieren.

Beide Seiten sind gut darin, sich gegenseitig anzuschwärzen, nur die eigene Darstellung als feministisch gelten zu lassen und abweichende Meinungen als „unsolidarisch“ abzustempeln. Dabei laufen beide Seiten in dieselbe Falle: Es geht nicht darum, einen Weg als den ultimativ besseren und immer richtigen abzustempeln.

„Es geht nicht darum, einen Weg als den ultimativ besseren und immer richtigen abzustempeln.“

Es geht im Gegenteil darum, dass alle Extreme und genauso auch alle Schattierungen dazwischen möglich sein müssen. Egal aus welchen Verhältnissen jemand kommt und unabhängig von der persönlichen und medizinischen Vorgeschichte steht die Würde der Gebärenden an erster Stelle. Darauf müssen sich alle einigen, die feministische Geburten vertreten.

Stünde die Würde der Gebärenden im Mittelpunkt, würden sich viele Fragen gar nicht erst stellen. Stattdessen hörten wir eine Frage viel häufiger: „Wie lautet deine Entscheidung?“

Dieses Ziel zu erreichen, ist nicht einfach. Es geht häufig im Alltag unter. Immerhin haben wir mit den Kindern, dem Job und der überaus angesagten Selbstfürsorge ja schon genug um die Ohren.

Doch statistisch gesehen sind die Chancen hoch, dass unsere Kinder auch irgendwann Eltern werden. Und das sollte uns Grund genug sein, aktiv zu werden. Hypnobirthing ist als persönliche Geburtsvorbereitung für mich super gewesen. Doch nur, weil das System für mich okay war, heißt es nicht, dass es ein gutes System wäre. Um das zu ändern, helfe ich mit. Ich halte Vorträge, schreibe Artikel wie diesen hier und mache im persönlichen Gespräch wann immer möglich darauf aufmerksam, dass sich die Würde der Gebärenden und das Wohlergehen des Babys nicht gegenüberstehen, sondern ergänzen.

Dafür ist es allerdings nötig, dass wir die Kultur, in der wir unsere Kinder zur Welt bringen, genauso stark in den Blick nehmen wie die persönliche Geburtsvorbereitung.


Bild: Steffi Rose

Für Katharina Tolle geht es bei Geburten um mehr als ein gesundes Baby. Jede Geburt ist einzigartig und für die Gebärende ein einschneidendes Erlebnis — egal in welche Richtung! Weil niemand im luftleeren Raum gebiert, reicht es nicht, an die persönliche Geburtsvorbereitung der Familien zu appellieren. Es müssen auch systemische Änderungen her. Das Ziel muss sein, dass die Gebärende als Subjekt der Geburtserfahrung entscheidet, was mit ihr passiert. Für diesen Systemwandel setzt Katharina sich mit Beiträgen auf ihrem Blog Ich Gebäre, auf Vorträgen und in zivilgesellschaftlichen Vereinigungen ein. Ihr neuestes Buch heißt Manifest für eine selbstbestimmte Geburtserfahrung.

Webseite: www.ichGebaere.com

 

 

Katharina Tolle

Autorin von individuellen Geburtsgeschichten
Bloggerin