Behaltet eure Blumen

Zum Muttertag bekommen Mütter Blumensträuße von ihren Ehemännern, kleine Geschenke von ihren Kindern und ein Dankeschön von der Gesellschaft, für das, was sie täglich leisten. Das ist dieselbe Gesellschaft, die Müttern die Pistole auf die Brust setzt und schließlich in Altersarmut entlässt. Mit diesem Betrug muss Schluss sein.

Was auf einer Therapeutencouch relativ schnell zur Ursache aller Probleme erklärt wird, bleibt in der Diagnose der Gesellschaft als Ganzes oft völlig außer Acht: Das Verhältnis zu unseren Müttern. Und das ist, ähnlich wie jene auf persönlicher Ebene, zwiespältig. Wir lieben sie auf der einen Seite, weil sie uns versorgt haben, als wir sie brauchten. Andererseits belächeln oder verachten wir sie gar dafür, dass sie sich so leicht haben ausnutzen lassen. Nur selten nehmen Frauen heute ihre Mütter noch zum Vorbild. Sie wollen es anders und sie wollen es besser machen. Bis sie selbst Mutter werden und merken, dass das, was sie sich unter einer modernen Mutterschaft vorgestellt haben, so gar nicht in die Realität passt. Ein diffuses, aber übelriechendes Gefühl des Betrugs macht sich heute in vielen jungen, gut ausgebildeten Frauen breit. Der Grund dafür sind nicht die vollen Windeln des Nachwuchses, sondern Strukturen, die Familien ignorieren und damit Mütter systematisch an den Rand drängen.

Mütter sind so gut ausgebildet wie nie und können trotzdem ihre Existenz nicht sichern

Wenn man ausschließlich die Entwicklung der Bildungsungleichheiten zwischen den Geschlechtern in den vergangenen 50 Jahren betrachtet, könnte man fast von einer Revolution sprechen. Machten 1965 noch fast doppelt so viele Jungen wie Mädchen das Abitur, zogen sie 1975 bereits mit den Jungen gleich und erlangen heute sogar deutlich häufiger die allgemeine Hochschulreife: Im Jahr 2018 waren es 154.455 Schülerinnen gegenüber nur 128.094 Schülern. Im Wintersemester 2021/22 studierten erstmals mehr Frauen als Männer. Der Frauenanteil aller absolvierten Studienabschlüsse lag bei knapp 53 Prozent.

Obwohl Mädchen und junge Frauen im Bildungssystem besser abschneiden als ihre männlichen Gegenüber, verdienen sie im Schnitt jedoch deutlich weniger als Männer. Der sogenannte Gender Pay Gab lag zuletzt bei 18 Prozent. Das liegt zum einen daran, dass viele frauentypisch-sozialen Berufe schlechter bezahlt werden, als männertypisch-technische Berufe. Zum anderen werden Frauen am Arbeitsmarkt noch immer systematisch benachteiligt. Spätestens, wenn sie Mütter werden. Die Bertelsmann Stiftung hat 2020 berechnet, dass Frauen, die heute 30 Jahre alt sind, auf ein ganzes Erwerbsleben hochgerechnet, rund die Hälfte ihres Einkommens verlieren, wenn sie Kinder bekommen. Das sind mehrere hunderttausend Euro Verlust. Ein ungeheuerlich hoher Preis.

Tatsächlich können die wenigsten Frauen ihre Existenz und die ihrer Kinder alleine sichern. Das heißt, sie sind wirtschaftlich entweder vom Staat, oder von einem Mann abhängig. Fast jede zweite Frau arbeitet in Teilzeit mit weniger als 32 Stunden pro Woche. In Minijobs und Niedrigeinkommensgruppen sind Frauen überrepräsentiert. Das ist mit Sicherheit nicht das, was die vermeintlich emanzipierte Gesellschaft ihnen als junge Mädchen vermittelt hat, als sie ihnen sagte, sie könnten alles sein, was sie wollten und irgendwann auf eigenen Füßen stehen. Dennoch nehmen wir dieses Missverhältnis hin. Warum?

Kinder vs. Karriere? Darum geht es nicht!

„Dann bekommt doch keine Kinder“, so raunt es den Frauen entgegen, die sich auf gut deutsch verarscht fühlen. Doch damit schließen wir keine einzige Lücke in den Machtverhältnissen zwischen den Geschlechtern. Was wir damit lediglich tun ist, die Verantwortung auf die Frauen selbst zu schieben, die sich schließlich für Kinder entschieden haben. Gleichzeitig sind wir uns darüber einig, dass Mütter heute auch einem Beruf nachgehen sollten. 97 Prozent der Bevölkerung stimmen dem in Umfragen zu. Das ist dieses zwiespältige Verhältnis der Gesellschaft gegenüber Müttern. Sie sollen ja berufstätig sein, aber bitte nicht so viel, dass sie ihre Aufgaben als Mütter vernachlässigen könnten. Wenn sie mehr wollten, hätten sie keine Mütter werden dürfen. An dieser Stelle brauche ich kaum erwähnen, dass dies für Väter natürlich nicht gilt. Sie werden eher schief angeguckt, wenn sie für die Familie beruflich kürzer treten.

Es scheint, als steckten wir bei den Müttern in Sachen Gleichberechtigung in einer Sackgasse. Vielleicht liegt es daran, dass wir Gleichberechtigung bisher aus der falschen Perspektive heraus betrachten. Nämlich aus der männlichen. Aus dieser Perspektive, stellen wir die Teilhabe am Arbeitsmarkt über die Teilhabe an der Familie. Das Erwerbsideal geht von einer Vollzeittätigkeit und einem ununterbrochenen Lebenslauf aus, das praktisch unvereinbar mit der Verantwortung für eine Familie ist. Zwar können dem immer weniger junge Menschen etwas abgewinnen, doch von unseren Strukturen, beispielsweise im Rentensystem, wird genau dieses Modell aufrechterhalten. Es schließt die gleichberechtigte Aufgaben- und damit Machtverteilung bereits von vornherein aus. Trotz aller Entwicklungen in der Familienpolitik, mit Elternzeit, Elterngeld und anderen finanziellen Hilfen für Familien, sind unsere Arbeitsmarktstrukturen noch lange nicht so beschaffen, dass sie sich mit einer Familie vereinbaren ließen, ohne, dass dabei der- oder diejenige benachteiligt würde.

Neue Strukturen, statt Sträuße zum Muttertag

Wenn Mütter in Teilzeit arbeiten, dann, weil es mit einer Familie oft nicht anders zu schaffen ist. Eine traditionelle Vollzeittätigkeit lässt in der Regel kaum Spielraum für die Bedürfnisse von Kindern

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, Eltern oder anderen Familienmitgliedern. Deshalb kann sie für uns nicht der Maßstab sein. Warum sich dagegen der Erwerbsumfang von Vätern nach der Familiengründung in der Regel nicht ändert oder teilweise sogar höher wird, ist die entscheidende Frage, die wir uns stellen müssen. Statt den Druck auf Mütter zu erhöhen, indem wir an einer 40-h-Woche als der Norm festhalten, müssen wir den Status-Quo ändern und Druck auf die Politik machen.

Gesellschaft konsequent von den Müttern her zu denken, bedeutet, Fürsorge ins Zentrum zu rücken. Und das ist dringend notwendig in einer Zeit, in der immer mehr Krisen den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft bedrohen. Ein Dankeschön für Mütter zum Muttertag reicht da ebenso wenig, wie ein Klatschen von den Balkonen für unser Klinikpersonal. Es geht nicht nur um Gleichberechtigung, sondern um die Fundamente der Gesellschaft. Deshalb haben wir, die Journalistin und Autorin Sarah Zöllner und ich, ein Buch darüber geschrieben, wie wir eine solche Gesellschaft erreichen können. „Nicht die Familie muss unternehmenstauglich organisiert werden, sondern umgekehrt: Unternehmen und gesellschaftliche Strukturen müssen familientauglich werden“, heißt es dort unter anderem.

Mütter, macht Politik!

Wir haben es schlicht satt, die ungleichen Geschlechterverhältnisse am Arbeitsmarkt, auf der politischen Bühne und schließlich auch innerhalb der Familie auf individuelle Entscheidungen zurück zu führen. Das ist nichts anderes als ein Vorwand, um an genau jenen Verhältnissen nichts ändern zu müssen. Wir bleiben in diesem Buch deshalb nicht bei der Geschlechterrollendebatte stehen. Stattdessen zeigen wir den Weg in eine Gesellschaft, in der jede Person die Chance auf eine gleichberechtigte Teilhabe hat, unabhängig davon mit welcher Rolle sie sich identifiziert. Egal ob sie Kinder betreut, Alte oder Kranke pflegt, sie dafür bezahlt wird oder nicht.

In einer einzigartigen Kombination aus Expert:innen-Interviews und fundierter politischer Analyse, vermitteln wir unseren Leser:innen das Verständnis dafür, wie Mütter, Macht und Politik zusammenhängen. Mit diesem Wissen bereiten wir den Boden für Veränderung. Für eine Welt, in der sorgende Mütter und Väter die Gesellschaft aktiv mitgestalten. Ohne dass einmal im Jahr an sie erinnert werden muss, weil sie ansonsten praktisch unsichtbar bleiben.

 

Mütter. Macht. Politik.
Ein Aufruf!

Sarah Zöllner & Aura-Shirin Riedel
ISBN: 978-3-949537-11-0
Einband: Klappenbroschur
Format: 19 cm x 12 cm

erscheint am 1. September
Vorbestellung jetzt möglich unter Bestellung@magas-verlag.de