Kinderfreiheit

Freie Kinder, statt kinderfrei


Seit einiger Zeit geistert wieder so ein Buch durch die sozialen Medien, das die Gemüter stark erhitzt. Es heißt: „Kinderfrei statt kinderlos – ein Manifest“ von Verena Brunschweiger. Dort plädiert die Lehrerin dafür, der Umwelt zuliebe, keine Kinder zu bekommen. Darüber hinaus habe sie sich aus philosophischen Gründen, gegen Kinder entschieden. In der SWR-Sendung „Nachtcafé“ sagte Brunschweiger Mitte Februar: „Wenn wir jemanden zur Welt bringen

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, dann fügen wir ihm immer Leid zu. Insofern ist es das beste für mein Kind, wenn ich es nicht bekomme.“ Sie bezeichnet sich selbst als radikale Feministin, die mit den Banalitäten einer Mutterschaft nichts anfangen kann. Insofern ist ihr „Manifest“ auch ein Angriff auf jene Mütter, die Fürsorge für ihre Kinder leisten. Ihre Thesen sind provokant aber nicht neu. Sie reihen sich perfekt in den Kampf ein, den bürgerliche Feministinnen seit Jahren gegen die Mutterrolle führen. Viele Frauen können ihrer Argumentation daher durchaus einiges abgewinnen. Ihre Kritiker bezeichnen Brunschweiger dagegen als kinderfeindlich.

Nur durch unsere Kinder haben wir eine Zukunft. Quelle: Aura-Shirin Riedel

Ich muss zugeben, ich habe ihr Buch nicht gelesen. Aber ich denke, das brauche ich auch nicht, denn inzwischen kenne ich diese Art der (feministischen) Argumentation gegen Mutterschaft. Brunschweigers Buch ist nicht das erste, das Frauen dazu auffordert, keine Kinder in die Welt zu setzen. Bereits 2015 veröffentlichte die israelische Soziologin Orna Donath ihre Studie zur bereuten Mutterschaft. Ich habe mich in diesem Blog bereits detailliert damit auseinandergesetzt. Im letzten Jahr schrieb auch die Kanadierin Sheila Heti einen sehr erfolgreichen Roman über „Mutterschaft“, worin sie sich mit den Folgen ihrer Entscheidung, keine Kinder zu bekommen, auseinandersetzt. Während sich dieses Buch noch einigermaßen neutral an das Thema heran tastet und teilweise nachdenklich wirkt, bricht Brunschweiger eine unverhohlene Lanze gegen das Kinderkriegen. Jedes nicht geborene Kind, so argumentiert sie, spare 58,6 Tonnen CO2. In Anbetracht des Zustands der Welt, wäre es zudem besser, dem Kind dieses Leid zu ersparen, indem es gar nicht erst geboren würde.

Vor einigen Jahren dachte ich tatsächlich ähnlich und ich verstehe die Logik dahinter. Wir leben in einer Zeit äußerster Ungewissheit über die Zukunft. Der Klimawandel bedroht Lebensräume und beschwört Umweltkatastrophen und Dürren hervor. Das Artensterben geht unvermindert weiter und bedroht laut jüngstem UN-Bericht über eine Million Tier- und Pflanzenarten. Die Wirtschafts- und Finanzkrise sowie die Digitalisierung bedrohen zunehmend Existenzgrundlagen. Die Spaltung der Gesellschaft scheint unaufhaltsam. Sogar Kriege rücken inzwischen wieder vermehrt in die öffentliche Diskussion. Wäre es also nicht besser, nicht zu leben als derart bedroht zu leben?

Diese Sichtweise ist zutiefst pessimistisch. Nach dieser Vorstellung, wäre der Mensch unverbesserlich und einem unausweichlich katastrophalen Schicksal ausgeliefert. Darin verbirgt sich also ein Menschenbild, das diesen als grundsätzlich schlecht begreift. Man möchte meinen, dass Brunschweiger in ihrem Plädoyer gegen das Leben ihre Hoffnungslosigkeit über den Zustand des Menschen ausdrückt. Dass sich tatsächlich eine tiefsinnige Philosophie dahinter verbirgt. Schaut man aber auf ihre eigentliche Intention für dieses Buch, erscheint ihre Forderung plötzlich gar nicht mehr so selbstlos und tiefsinnig, wie man zunächst annehmen möchte. Dazu später mehr. Es ist mir an dieser Stelle zunächst wichtig, klar zu machen, dass das Menschenbild Brunschweigers selbstverständlich in Konflikt mit der Geburt eines Kindes steht. Wie gesagt, dachte ich in einem früheren, unreiferen Stadium meiner persönlichen Entwicklung ähnlich. Doch wäre es wirklich eine Lösung, keine oder zumindest weniger  Kinder zu bekommen?  Tatsächlich ist diese Ansicht auf mehreren Ebenen höchst widersprüchlich und es empört mich zutiefst, dass jene Widersprüchlichkeit in der öffentlichen Diskussion kaum bis überhaupt nicht zur Sprache kommt. Es war mir daher ein Anliegen, diese Widersprüche nun wenigstens für die Leser meines Blogs klar zu stellen.

  1. Was bedeutet kinderfrei? Frau Brunschweiger plädiert in ihrem Buch für eine Freiheit vom Kind. Das ist zunächst einmal ein extrem ehrliche aber auch egoistische Forderung. Indem sie sich bewusst gegen ein Kind entscheidet, stellt sie ihr Recht auf Freiheit über das Recht des potentiellen Kindes auf Leben. In einer freien demokratischen Gesellschaft darf sie das tun. Jede Frau muss für sich selbst entscheiden können, ob sie Mutter werden möchte oder nicht. Sie sollte sich jedoch darüber klar sein, dass dies eine sehr persönliche Entscheidung ist, die stark von der individuellen Einstellung und Lebenslage abhängig ist. Diese Entscheidung darf daher nicht Gegenstand politischer Forderungen werden. Man kann sie für sich begründen und damit abschließen, aber ich finde den offenen Aufruf zu Kinderlosigkeit ethisch höchst bedenklich. Es sollte klar sein, dass neues Leben nicht von solcher Art egozentrischen Denkens abhängig gemacht werden darf.

  2. Dass diese Art des Denkens NICHTS mit Umweltschutz zu tun hat, zeigt sich erst, wenn wir darüber nachdenken, was Leben eigentlich bedeutet. Es bedeutet ein in der Welt Sein und es bedeutet stetigen Wandel. Wenn Frau Brunschweiger sich also bewusst gegen Leben entscheidet, entscheidet sie sich im Grunde für Stillstand statt Entwicklung. Es macht einfach keinen Sinn, für eine lebensfähigere Zukunft zu plädieren, indem man Zukunft negiert. Natürlich sind wir Menschen nicht die einzige Spezies auf diesem Planeten und es wäre aus heutiger Sicht wahrscheinlich in vielerlei Hinsicht besser für unsere Erde, würden wir einfach verschwinden. Nur werden die Menschen nicht von heute auf morgen aussterben und ich denke, das ist auch nicht im Sinne Brunschweigers. Es ist aber im Gegenteil so, dass wir nur durch unsere Kinder ein authentisches Interesse daran entwickeln können, die Welt im Hier und Jetzt zukunftsfähiger zu machen. Würden wir dagegen alle nur noch für uns selbst leben, wen würde es denn noch kümmern, was morgen wäre?

  3. Genauso verhält es sich mit dem Kind selbst, welches die Pädagogin absurderweise zum Klimasünder degradiert. Was sagt denn Frau Brunschweiger über Greta Thunberg, die Fridays for Future und die weltweite Klimaschutz-Bewegung, die mehrheitlich von Kindern und Jugendlichen ausgeht? Die in sehr kurzer Zeit das Thema Umwelt- und Klimaschutz zu einer der wichtigsten politischen Agenden gemacht haben. Kann ihre These von der Kinderlosigkeit aus ökologischen Gründen in Anbetracht dieses neuen Umweltbewusstseins von jungen Menschen überhaupt stand halten? Die Frage ist doch: Könnte ein verantwortungsbewusster Mensch, der sich für Umweltschutz einsetzt, auf lange Sicht nicht mehr CO2 einsparen, als kein Mensch? Die Rechnung wäre wahrscheinlich schwierig. Ich möchte dennoch zu bedenken geben, dass es den Hambacher Forst ohne das entschlossene Engagement junger Menschen in den vergangenen Jahren wahrscheinlich Heute schon nicht mehr gäbe. Und das ist nur ein Beispiel von vielen.

  4. Für einen unreflektierten Geist ist es anscheinend einfacher, das Leben selbst in Frage zu stellen, als dessen Bedingungen. Allerdings ist es als lebendes Wesen zutiefst widersprüchlich, das Leben in Frage zu stellen. Sie könnte nicht einmal darüber nachdenken, hätte ihre Mutter oder die Mutter ihrer Mutter eine ähnliche Einstellung vertreten. Im Sein über das Nicht-Sein zu philosophieren macht einfach keinen Sinn. Auch die Unterstellung, es würde grundsätzlich Leid davon tragen, wenn ein Kind geboren würde, ist nicht nur pessimistisch, sondern aus meiner Sicht ebenso falsch. Leben ist das, was man daraus macht. Es kann genauso gut, von Liebe getragen werden, statt von Leid.

  5. Frau Brunschweiger ist Lehrerin. Das heißt, verdient ihren Lebensunterhalt mit dem Unterricht von Kindern. Darüber hinaus ist unser Sozialsystem auf einem Generationenvertrag aufgebaut. Weniger Kinder, bedeutet weniger Rente im Alter. Und wer kümmert sich um die Dame, wenn sie einmal senil und hilfsbedürftig werden sollte? Etwa die ganzen anderen alten Menschen um sie herum? Frau Brunschweiger findet es „krass“, dass sie als kinderlose Frau „diskriminiert“ wird, beispielsweise wenn Kollegen bei Versetzungen bevorzugt werden. Wenn sie wirklich wissen will, was Diskriminierung bedeutet, dann sollte sie sich einmal anschauen, wie sich Kinder auf Einkommen und das Rentenniveau von Frauen auswirken. Kinderlose profitieren dagegen vielmehr von jenen, die die „Bürde“ der Kindererziehung tragen und damit der Gesamtgesellschaft einen großen Dienst erweisen.

An diesen fünf Punkten sollte deutlich geworden sein, dass Frau Brunschweiger ihre These von der „Kinderfreiheit“ in keiner Weise zu Ende gedacht hat. Doch jedem seine Meinung. Skandalös ist dagegen die unkritische mediale Aufmerksamkeit, die solche absurden Ansichten in den vergangenen Jahren immer wieder erreichen. Unter Feministinnen ist es angesagt, für ein Leben ohne Kinder zu plädieren. Sie versprechen sich davon die große Freiheit, endlich das zu sein, was immer sie sein wollen, ohne dabei in irgendwelche Rollenklischees gezwängt zu werden. Die Hausfrau und Mutter verachten sie dabei zutiefst, als jener Frau, die dem Patriarchat dient und sich dabei freiwillig unterdrücken lässt. Doch dabei betrügen sie sich selbst. Denn nicht die Frau steht dem Patriarchat entgegen, sondern die Mutter bzw. die Art der Beziehung zwischen ihr und dem Kind. Ist die Mutter frei und glücklich, indem ihre grundlegendsten Bedürfnisse z. B. nach Sicherheit und Unterstützung befriedigt werden, ist sie in der Lage, dem Kind zu geben, was es braucht. Ist die Bindung von Mutter und Kind wiederum stark, vertrauensvoll und von bedingungsloser Liebe geprägt, so orientieren sich auch die sozialen Beziehungen des Erwachsenen an jener Liebe. Fürsorge rückt ins Zentrum seines Handelns und die Bewahrung und Fortführung des Lebens wird das primäre Ziel. Da die Mutter durch ihre Gebärfähigkeit unauflöslich mit den natürlichen Lebenszusammenhängen verbunden ist, ist die Natur ihre Verbündete, statt ihre Feindin.

Was ich damit sagen will ist: Würden wir uns an den mütterlichen Prinzipien orientieren, würden wir nicht dort stehen, wo wir heute stehen. Wir hätten kein lebensfeindliches sondern ein lebenserhaltendes System. Und so reihen sich Frauen, wie Brunschweiger, die dem Leben ebenso feindlich gegenüberstehen, geschmeidig in jenes System, das unsere Erde tagtäglich weiter zerstört. Diese Frauen haben nicht begriffen, dass sie selbst Teil dieses gigantischen Problems sind, vor dem wir stehen. Sie müssen verstehen, dass nicht die Frau vom Kind befreit werden muss, sondern die Mutter vom Patriarchat. Das Kind ist dabei vielmehr der Schlüssel zu ihrer Befreiung. Zum einen ist es gerade die Mutter-Kind-Bindung, die Mütter aus der Öffentlichkeit verdrängen. Indem Kinder mittels formelle sowie informelle gesellschaftliche Regeln weitgehend aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen werden, werden gleichzeitig ihre Mütter ausgeschlossen. Das gilt insbesondere in den ersten Jahren nach der Geburt. Spätestens aber ab der Schulpflicht werden Kinder systematisch in einer Art künstlichem Lernraum vom Rest der Gesellschaft und dessen Alltag abgetrennt. Damit wird ihnen faktisch jedes Recht genommen, selbstbestimmt zu lernen und zu leben. Wir dürfen zweitens nicht vergessen, dass die Art der Erziehung, also das System der Wertevermittlung, patriarchale Strukturen stetig reproduziert. Das gilt im Besonderen für unser Bildungssystem. Spätestens dort werden die Werte des patriarchalen Kapitalismus, der auf Konkurrenz- und Leistungsprinzipien basiert, gelebt und auf die nächste Generation übertragen. Es würde also auch aus feministischer Sicht Sinn machen, das Bildungssystem in Frage zu stellen, also den Ort, an dem sich das patriarchale System immer wieder neu produziert.

Um noch einmal auf das „Manifest“ Brunschweigers zurück zu kommen. Nicht der Mensch an sich ist das Problem, sondern seine ignorante Lebensführung. Diese ist aber nicht unveränderbar. Liegen uns Klima- und Umweltschutz tatsächlich am Herzen, sollten wir uns nicht fragen, ob wir Kinder wollen oder nicht. Die Frage, die wir uns stellen sollten, ist vielmehr, was wir für das Kind und dessen Zukunft jetzt tun können? Dabei ist es egal, ob es nun unser eigenes ist oder das eines Mitmenschen. Denn die Unterdrückung eines jeden Kindes, ist letztlich die Unterdrückung von uns allen. Wir brauchen daher keine Freiheit von dem Kind. Wir brauchen eine Freiheit mit dem Kind.

 

3 thoughts on “Kinderfreiheit

  1. „…nicht die Frau vom Kind befreit werden muss, sondern die Mutter vom Patriarchat.“

    Scharfsinnige Argumentation. Doch wie stellen wir das an? Es ist ja kaum möglich, Mütter vom patriarchal ausgerichteten Wirtschafts- und Bildungssystem zu entkoppeln, ausser man würde mehr matrifokal orientierte Communities auf die Beine stellen.

    Was effektiv können wir denn tun für die Zukunft unserer Kinder? Ich sage, gehen wir an die Wurzel des Problems.

    Menschen, allen voran Männern, müssten sich zunächst einmal von Innen her verändern, damit sich auch globalgesellschaftlich nachhaltig etwas ändert. Patriarchalisches Denken baut auf der Restriktion natürlicher weiblicher Sexualität auf, vielleicht müsste man anfangen, radikal die Kontrolle der Sexualität den Männern zu entziehen?

    Grüsse
    Ralph

    1. Lieber Ralph,

      vielen Dank für dein Feedback.

      Wie ich im Artikel bereits schrieb, denke ich, dass wir patriarchale Denk- und Handlungsstrukturen über unsere Kinder verändern bzw. verhindern können. Einerseits über eine Reform des Bildungswesens. Andererseits über eine Integration des Kindes in die Öffentlichkeit. Ich plädiere dafür, dass Fürsorgetätigkeiten zurselbstverständlichen Aufgabe der gesamten Gesellschaft werden muss. Konkret bedeutet das, Kinderbetreuung auch am Arbeitsplatz und an anderen öffentlichen Plätzen zu ermöglichen. Die Institutionen dürfen Kinder, Alte und behinderte Menschen nicht ausschließen. Außerdem muss auch stillenden Müttern der Zugang in Arbeitsmarkt und Öffentlichkeit ermöglicht werden.

      Oder mit deinen Worten: die Gesellschaft muss eine matrifokal orientierte Community werden. Erst dann wird sich das Sexualverhalten der Männer und deren Machtansprüche verändern.

      LG,
      Aura

  2. Sie kann gar keine wirkliche, informierte Entscheidung treffen, da sie gar nicht weiß, wogegen sie sich entscheidet, das geht erst wenn man ein Kind bekommen hat und versteht was es bedeutet Mutter zu sein. Insofern kann man gar nicht von einer Entscheidung sprechen – eher einem Vor-urteil.

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